Das bringen Kohlenhydrate

Kohlenhydrate sind der Makronährstoff, an dem sich regelmäßig die Geister scheiden. Die einen lieben Kohlenhydrate. Die anderen verteufeln sie. Es gibt High Carb, Low Carb und Slow Carb Diäten. Was ist der glykämische Index und die glykämische Last? Wie ist der Einfluss der Kohlenhydrate auf den Blutzucker und den Insulinspiegel? Brauche ich sie für schnellen Muskelaufbau? Stören sie beim Abnehmen? Wir bringen Licht ins Dunkel.

Kohlenhydrate, der Energielieferant Nummer 1

Kohlenhydrate dienen deinem Körper ausschließlich der Energiebereitstellung. 1 Gramm Kohlenhydrate liefern mit 4,1 Kcal pro Gramm genauso viel Kalorien wie Eiweiß. Im Muskelstoffwechsel spielen Kohlenhydrate eine dominante Rolle. Die Energiebereitstellung im Muskel kann zwar auch durch Fette oder Eiweiß abgedeckt werden, dies geht aber mit einer Leistungsminderung einher.
Insbesondere bei intensiven sportlichen Belastungen stellen Kohlenhydrate daher den mit Abstand den wichtigsten Energielieferanten dar. Für eine maximale Leistungsfähigkeit müssen die stark limitierten Kohlenhydratspeicher voll sein. Im menschlichen Körper können ca. 600g Kohlenhydrate in Form von Glykogen gespeichert werden. Hiervon befinden sich ca. 80-120g in der Leber und 300-500g in der Muskulatur.

Auch das Gehirn, die roten Blutkörperchen, das Nierenmark sowie das Nervensystem sind zu großen Teilen auf Kohlenhydrate angewiesen. Der Kohlenhydratverbrauch dieser Organe wird mit ca. 100-140g pro Tag kalkuliert. Dennoch gelten Kohlenhydrate nicht als essenziell. Es ist also nicht Lebensnotwendig Kohlenhydrate mit der Ernährung zuzuführen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Körper Aminosäuren (also Eiweißbestandteile) zu Glucose (Kohlenhydrate) umbauen kann. Dieser Prozess wird als Gluconeogenese bezeichnet.

In Lebensmittel kommen viele verschiedene Kohlenhydrate vor. Es gibt einfache und komplexe Kohlenhydrate. Die einfachsten Kohlenhydrate sind die Einfachzucker. Alle anderen Kohlenhydrate bestehen aus mehreren Zuckerbausteinen und werden letztendlich vom Körper in Einfachzucker umgewandelt.

Fachbegriff Name Art Art Fachbegriff Vorkommen
Glucose Traubenzucker Einfachzucker Monosaccharide Süßigkeiten
Fuctose Fruchtzucker Einfachzucker Monosaccharide Obst, Getränke
Galaktose Schleimzucker Einfachzucker Monosaccharide Milchprodukte
Saccharose Rüben-/Rohrzucker Zweifachzucker Disaccharide Haushaltszucker, Marmelade, Süßes
Maltose Malzzucker Zweifachzucker Disaccharide Malzbier
Laktose Milchzucker Zweifachzucker Disaccharide Milchprodukte
künstliche Zucker z.B. Maltodextrin Mehrfachzucker Oligosaccharide Kohlenhydratkonzentrate, Toast, Zwieback, Knäckebrot
Stärke, Ballaststoffe Vielfachzucker Polysaccharide Kartoffeln, Teigwaren, Reis, Getreide, Vollkornprodukte, Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte

Auch Ballaststoffe zählen in die Kategorie der Kohlenhydrate, da diese aber unverdaulich sind, werden sie im Kalorienverbrauch nicht weiter berücksichtigt. Sie haben jedoch viele positive Eigenschaften auf die Gesundheit und Verdauung, da sie insbesondere für die Darmflora sehr wichtig sind.

Auswirkungen auf den Blutzuckerspiegel

Ein bedeutender Unterschied zwischen komplexen und einfachen Kohlenhydraten liegt darin, wie schnell die Kohlenhydrate vom Körper aufgenommen werden. Je schneller die Kohlenhydrate aufgenommen werden, desto schneller steigt der Blutzuckerspiegel. Je höher der Blutzuckerspiegel steigt, desto mehr Insulin wird ausgeschüttet um den Blutzuckerspiegel wieder zu normalisieren. Bei Extrem hohen Blutzuckerspitzen, kann die Insulinantwort so hoch ausfallen, das der Blutzuckerspiegel unter den Normalbereich fällt. In diesem Fall spricht man von einer Unterzuckerung. Typische anzeichen sind:

  • Zittern
  • Schweißausbruch
  • Herzrasen
  • Heißhunger

Um eine Unterzuckerund zu vermeiden, solltest du bei diesen Anzeichen unbedingt Kohlenhydrate essen. Wenn du bereits stark unterzuckert bist, solltest du auf möglichst schnell verfügbare Kohlenhydrate wie Traubenzucker oder Saft zurückgreifen. Achte jedoch darauf, dass dein Blutzuckerspiegel nicht direkt wieder in die Höhe schießt.

Der glykämische Index

Der glykämische Index (GI) bezieht sich auf die Blutzuckerwirkung, die durch 50g Kohlenhydrate eines Lebensmittels hervorgerufen wird. Dabei dient Glucose mit einem glykämischen Index von 100 als Referenzwert. Ist die Blutzuckerwirkung höher, ist auch der glykämische Index höher. Wenn die Wirkung eines Lebensmittels auf den Blutzucker geringer ist, ist der Wert entsprechend kleiner. Die folgende Tabelle zeigt eine Übersicht der Blutzuckerwirkung verschiedener Lebensmittel.

Lebensmittel Glykämischer Index
Datteln (getrocknet) 103
Glucose 100
Weißer Reis 69-104
Kartoffeln 56-101
Baguette 95
Spaghetti 38-97
Cornflakes 80
Banane 55-80
Weißbrot 74
Haushaltszucker 70
Müsli 66
Coca-Cola 53-63
Pizza 49-60
Vollkornbrot 50
Möhren 47
Apfelsaft 39
Apfel 38
Joghurt 36
Nutella 33
Bohnen 20-36
Linsen 26
Cashewkerne 22
Fructose 20
Erdnuss 14
Vollmilch 11

Schwachpunkte des GI

In der Theorie dient der glykämische Index zwar als effizientes Werkzeug, in der Praxis hat er jedoch starke Kritikpunkte. Die Werte wurden in vielen umfangreichen Studien als Durchschnittswerte ermittelt. Es gibt allerdings viele Fakoren, die einen Einfluss auf den tatsächlichen Wert haben.

Einflussfaktoren

  • Tageszeit
  • körperliche Aktivität
  • Reifegrad
  • Anbaugebiet
  • Sorte
  • Kochzeit
  • Temperatur
  • Nahrungsmittelkombinationen

Du kannst die Blutzuckerauswirkung durch Kombination verschiedener Lebensmittel auch aktiv beeinflussen. Wenn du ein Lebensmittel mit hohem GI mit Protein, Fetten, Ballaststoffen oder auch komplexen Kohlenhydraten kombinierst, steigt der Blutzuckerspiegel langsamer und konstanter an, als wenn du nur dieses Lebensmittel isst.

Einer der größten Kritikpunkte ist jedoch, dass beim glykämischen Index immer von 50g Kohlenhydraten des Lebensmittels ausgegangen wird und nicht von der tatsächlichen Verzehrsmenge. Manche Lebensmittel liefern zwar mit einer normalen Portion 50g Kohlenhydrate, andere sind aber weit davon entfernt. Somit ist der tatsächliche Einfluss auf den Blutzucker ganz anders. Um dieses Problem zu optimieren wurde die glykämische Last eingeführt, welche sich in der Praxis als nutzbares Hilfsmittel erwiesen hat.

Die Glykämische Last

Bei der glykämischen Last (GL) werden die tatsächlich verzehrten Kohlenhydrate beachtet. Möhren haben zum Beispiel einen GI von 47. Der GI von Äpfeln ist aber nur 38. Nun enthält eine übliche Portion Möhren nur 10g Kohlenhydrate, ein Apfel aber immerhin 18g. Wie wirkt sich das auf die glylämische Last aus?

Berechnung der Glykämischen Last
GL = (GI x KH) / 100
GL von Möhren = (47 x 10) / 100 = 4,7
GL von Äpfeln = (38 x 18) / 100 = 6,84

Am Beispiel von Äpfeln und Möhren wird dann auch schnell klar, welchen Einfluss die Portionsgröße hat.
Um auf die 50g Kohlenhydrate aus Möhren zu kommen (wie im GI berechnet) müsste man 1Kg Möhren essen. Die Blutzuckerwirkung einer normalen Portion Möhren ist also sehr gering.

Die folgende Tabelle zeigt die Unterschiede des GI und der GL bei variierenden Lebensmittelmengen.

Lebensmittel Portion in g Kohlenhydrate GI GL
Vollkornbrot 1 Scheibe (50g) 20g 50 10
Vollkornbrot 2 Scheiben (100g) 40g 50 20
Vollkornbrot 8 Scheiben (400g) 160g 50 80

Je größer die Blutzuckerauswirkung des Lebensmittels ist, desto stärker wird auch der Hormonhaushalt, insbesondere das Hormon Insulin beeinflusst. Die GL hat hierbei, wie in der Tabelle deutlich wird, eine wesentlich größere Aussagekraft auf die Gesamtinsulinlast (die nötige Menge an Insulin) als der GI.

Das Hormon Insulin

Bei hoher Blutzuckerkonzentration wird von der Bauchspeicheldrüse das Hormon Insulin ausgeschüttet, denn Insulin ist das einzige Hormon, welches Zucker aus der Blutbahn in die Zelle befördert. Nun wird der Zucker je nach Bedarf als Glykogen in der Muskulatur oder als Fett in den Fettzellen gespeichert. Insulin ist das anabolste (aufbauenste) Hormon in deinem Körper. Es begünstigt somit zwar einen Aufbau von Fettgewebe, fördert jedoch auch die Einschleusung neuer Aminosäuren in deine Muskulatur. Insulin ist also Maßgeblich an deinem Muskelaufbau beteiligt. Übermäßig Fettgewebe kannst du auch bei hohem Insulinspiegel nur bei einer überkalorischen Ernährung aufbauen. Die Gesamtkalorienbilanz bleibt also deine wichtigste Stellschraube. Im Umkehrschluss kann es also bei der Fettreduktion Sinn machen, neben der Kalorienzufuhr auch den Insulinspiegel zu beeinflussen. Bei der Fettreduktion wird also von einer Kohlenhydrat Modifikation (komplexe Kohlenhydrate, in Kombination mit Ballaststoffen und Eiweiß) sowie von einer Kohlenhydrat Reduktion profitiert.

So fördern Kohlenhydrate den Muskelaufbau

Kohlenhydrate haben den größten Einfluss auf das anabole Hormon Insulin. Wenn du Muskeln aufbauen möchtest, profitierst du also von einer hohen Kohlenhydratgabe. Unsere Empfehlung liegt hier bei 5-7g Kohlenhydraten pro Kilogramm Körpergewicht am Tag. Je nach dem wie viel Gesamtkalorien du benötigst, kann diese Menge variieren. Neben der ausschüttung von Insulin haben Kohlenhydrate jedoch weitere Vorteile für den Muskelaufbau. Da Kohlenhydrate am schnellsten Energie liefern, steigern sie deine Leistungsfähigkeit im Training. Je intensiver du trainierst, desto mehr Muskeln baust du auch auf. Durch das intensive Training entleeren sich deine Kohlenhydratspeicher in der Muskulatur. Wenn diese Energiespeicher jedoch schnell wieder gefüllt werden, regenerierst du nach dem Training schneller und baust schnell neue Muskeln auf. Denn nur wenn dein Muskel stehts genug Energie hat „traut“ er sich auch mehr Muskulatur aufzubauen. Schließlich bedeutet mehr Muskulatur auch einen höheren Energieverbrauch. Kohlenhydrate bilden also eine wichtige Säule in deinem Ernährungsplan für den Muskelaufbau.

    Kohlenhydrate fördern den Muskelaufbau durch:

  • das aufbauende Hormon Insulin
  • eine gesteigerte Leistungsfähigkeit
  • eine schnellere Regeneration
  • das Aufrechterhalten der Energiespeicher

Kohlenhydrate hemmen die Fettverbrennung

Insulin schleust nicht nur Nährstoffe in die Zellen ein, es fördert auch den Fettaufbau und hemmt den Fettabbau. Solltest du abnehmen wollen, kann es also Sinn machen, die Kohlenhydrate zu reduzieren. Um das Hormon Insulin niedrig zu halten, empfiehlt sich also eine Low-Carb Ernährung. Dennoch ist eine Reduktion der Gesamtkalorien notwendig. Du musst also weniger Kalorien zuführen, als du verbrauchst. Ansonsten wirst du nicht abnehmen, selbst wenn du Kohlenhydrate meidest. Neben der optimierten Hormonlage durch eine Low-Carb Ernährung, hat man jedoch meistens auch weniger Heißhunger attacken. Denn Fett und Eiweiß hält sehr lange satt.

    Vorteile einer kohlenhydratreduzierten Ernährung zum Abnehmen:

  • Reduktion der Kalorien
  • Reduktion von Insulin
  • Reduktion von Heißhunger

So beeinflussen Kohlenhydrate deine Gesundheit

Aktuelle Studien zeigen, dass die Reduktion von Kohlenhydraten positive Auswirkungen auf viele Krankheitsbilder hat. Früher wurde vermutet, dass Fett hauptsächlich an der Entstehung von Krankheiten beteiligt ist. Dies wurde jedoch mittlerweile wiederlegt. Viele Zivilisationskrankheiten wie Diabetes und schlechte Blutfettwerte entstehen durch eine Kohlenhydratmast in Kombination mit zu wenig Bewegung.

    Kohlenhytratreiche Lebensmittel:

  • Diabetes mellitus Typ 2
  • Insulinresistenz
  • Hoher Cholesterinspiegel
  • schlechte Blutfettwerte
  • Krebs
  • Metabolisches Syndrom
  • Herzinfarkt/Schlaganfall
  • Fettleber

Um diese Krankheitsbilder vorzubeugen oder zu bekämpfen solltest du mehr Sport machen, insbesondere Kraftsport sorgt dafür, dass die Überflüssigen Kohlenhydrate verbrannt werden und deine Muskeln wieder Insulinsensitiver werden. Dies bedeutet, dass dein Körper weniger Insulin ausschütten muss um den Zucker aus deinem Blut zu transportieren. Zusätzlich solltest du die Kohlenhydrate reduzieren und auf gesündere Kohlenhydratquellen wie Obst und Vollkorn Umsteigen.

    Diese kohlenhydratreichen Lebensmittel solltest du meiden:

  • Zucker
  • Limonaden & Säfte
  • Mehl & Teigwaren
    Diese kohlenhydratreichen Lebensmittel solltest du bevorzugen:

  • Obst
  • Gemüse
  • Hülsenfrüchte
  • Vollkorn

Fazit

Kohlenhydrate sind zwar nicht essenziell, können jedoch positive Effekte auf Leistung, Muskelaufbau und Regeneration haben. Wenn du also starke Muskeln aufbauen möchtest, solltest du auf eine Kohlenhydratreiche Ernährung setzen.
Bei gesundheitlichen Beschwerden und dem Wunsch Abzunehmen, kann jedoch von einer Kohlenhydratarmen Ernährung, welche den Insulinspiegel niedrig hält, profitiert werden.