Low-Carb

Kaum etwas in der Fitnessszene hat einen so großen Hype erlebt, wie die Low-Carb-Ernährung. Mittlerweile gibt es ein halbes Dutzend verschiedener Low-Carb-Varianten. Nicht jede eignet sich für dich und vielleicht solltest du sogar komplett auf Low-Carb verzichten. Ob dich Low-Carb schneller an dein Ziel bringt oder sogar deine Fortschritte hemmt, erfährst du jetzt.

Was ist Low-Carb?

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt mehr als 50% der täglich zugeführten Kalorien aus Kohlenhydraten zu beziehen. Im Gegensatz dazu, werden die Kohlenhydrate bei der Low-Carb-Ernährung deutlich reduziert.

Ab einer Kolenhydratmenge von unter 130g pro Tag, spricht die Academy of Nutrition and Dietetics (Amerikanische Gesellschaft für Ernährung und Diätetik) von einer Low-Carb-Ernährung. In der Spanne von ca. 30-130g Kohlenhydraten pro Tag, tummeln sich inzwischen viele verschiedene Low-Carb-Ernährungsformen. Einige sind darauf ausgelegt möglichst schnell abzunehmen, andere wiederum sollen die Gesundheit verbessern. Auch im Kraftsport wird mittlerweile versucht, mit Hilfe der kohlenhydratreduzierten Ernährung, fettfreie Muskelmasse aufzubauen.

Wie wirken Kohlenhydrate im Körper?

Um zu verstehen, warum die Kohlenhydrate bei einer Low-Carb-Ernährung reduziert werden, hilft es zu wissen, wie Kohlenhydrate im Körper wirken. Einer der wichtigsten Mechanismen, auf den Verzehr von Kohlenhydraten, ist die Insulinreaktion des Körpers.

Alle Formen von Kohlenhydraten werden nach dem Verzehr zu Einfachzuckern aufgespalten und vom Darm resorbiert. Anschließend gelangen sie über die Pfortader in die Leber und von dort ins Blut. Ein zu hoher Zuckerspiegel macht das Blut dickflüssig. Für den Körper ist es daher oberste Priorität, den Blutzucker in die Zellen zu schleusen. Um dies zu ermöglichen, schüttet die Bauchspeicheldrüse, bei dem Verzehr von Kohlenhydraten, Insulin aus. Dieses schließt dann, wie ein Schlüssel, die Zellen für die Zuckermoleküle auf.
Da bei der Low-Carb-Ernährung wenig Kohlenhydrate gegessen werden, wird die Insulinsekretion stark reduziert.

Insulin hemmt die Fettverbrennung

Die primäre Aufgabe von Insulin ist es, Nährstoffe in die Zellen einzuspeichern, sowie gleichzeitig den Abbau der Speicher zu hemmen. Insulin hat dabei nicht nur Einfluss auf die Muskulatur und die Leber, sondern auch auf die Fettzellen.

Es gibt es starke individuelle und intraindividuelle Unterschiede in der Insulinsensibilität. Manche Menschen reagieren auf Kohlenhydrate mit einer stärkeren Insulinausschüttung, als andere. Zusätzlich reagieren die Zellen bei solchen Personen oft schlechter auf das Insulin. Diese Personen profitieren sehr stark von einer Low-Carb-Ernährung. Generell sind die Zellen am Morgen und nach intensivem Krafttaining insulinsensibler, als zu anderen Zeiten. Dies bedeutet, dass sie bereits bei geringen Insulinmengen, für die Kohlenhydrate, “aufgeschlossen” werden. Je nach Person und Faktor hat eine Low-Carb-Ernährung also stärkere oder geringere Auswirkungen.

    Individuelle Unterschiede:

  • Insulinantwort
  • Insulinsensibilität
    Intraindividuelle Unterschiede

  • Insulinsensibilität (je nach Uhrzeit und Training)
  • Kombination von Lebensmitteln
  • Koch oder Reifegrad der Lebensmittel

Low-Carb Formen

Metabole-Diät

Im Gegensatz zur allgemeinen Low-Carb-Ernährung, gibt die metabole Diät auch den Zeitpunkt der Kohlenhydratgabe vor. Dieser ist streng auf die Zeiten des nötigsten Bedarfs limitiert. Ausschließlich am Morgen und direkt vor, sowie nach dem Training sind Kohlenhydrate erlaubt. Morgens braucht der Körper Kohlenhydrate für das Gehirn, vor dem Training braucht er die Kohlenhydrate für die Leistung beim Sport. Und im Anschluss füllt er die Glykogenspeicher wieder auf, was positive Effekte auf Muskelaufbau und Regeneration hat. In den Zeiten dazwischen wird sich streng Low-Carb bis hin zu No-Carb ernährt.

Carb-Backloading

Auch das Carb-Backloading limitiert den Zeitraum der Kohlenhydrate. Hierbei geht es im Gegensatz zu anderen Low-Carb Diäten weniger um die drastische Reduktion der Kohlenhydrate. Vielmehr geht es darum, sie zeitlich zu optimieren. So wird den ganzen Tag streng auf Kohlenhydrate verzichtet. Nur nach dem Training sollen gezielt viele Kohlenhydrate konsumiert werden. Durch diese herangehensweise, soll es ermöglicht werden, gleichzeitig Fett zu reduzieren und weiterhin Muskelmasse aufzubauen.

Logi

Logi stellt ein klassisches Konzept der Low-Carb-Ernährung dar. Die Logi-Methode ist eine erfolgreiche Methode in der Bekämpfung der Zivilisationskrankheiten (Diabetes, Herzinfarkt, Schlaganfall, erhöhte Cholesterinspiegel, Insulinresistenz etc.). Auch bei dieser Methode wird kein absolutes Verbot der Kohlenhydrate ausgesprochen. Es werden sogar große Mengen an Obst und Gemüse als Grundstein dargestellt. Zusätzlich sollten große Mengen hochwertiger Fette sowie reichlich Eiweiß verzehrt werden. Die Kohlenhydrate sollten dennoch gering gehalten und hauptsächlich in komplexer Form verzehrt werden. Obwohl die Logi-Methode hauptsächlich der Gesundheitsförderung dient, findet sie immer mehr Beliebtheit in der Fettreduktion. Viele Menschen nehmen durch die Modifikation ihrer Lebensmittelauswahl automatisch mit ab. Dies liegt daran, dass man länger satt bleibt und somit weniger Gesamtkalorien verzehrt. Im Gegensatz zu vielen anderen Low-Carb-Formen, sieht die Logi-Methode darum weder vor Kohlenhydrate, noch die Gesamtkalorien, zu zählen.

Ketogene Ernährung

Wenn Low-Carb und Logi für die Fettreduktion und Gesundheit so gut funktionieren, drängt sich die Frage auf, wie es mit No-Carb-Diäten aussieht. Eine der bekanntesten No-Carb-Diäten ist die ketogene Diät. Bei der ketogenen Diät dürfen nur ca. 30g Kohlenhydrate pro Tag verzehrt werden. Dies sorgt dafür, dass der Körper verstärkt Energie aus Ketonkörpern bezieht. Diese fallen bei der Verstoffwechslung von Fettsäuren an. Dieser Effekt zeigt sich jedoch nur, wenn man die Low-Carb-Regelung von unter ca. 30g pro Tag streng einhält.

Während bei Low-Carb-Varianten die Menge der Kohlenhydrate immer etwa gleich bleibt, wird bei ketogenen Ernährungsformen mit Ladetagen gearbeitet. Da die Kohlenhydrate fast komplett gestrichen sind, sind die Glykogenspeicher immer entleert. Um diese wieder aufzufüllen und somit eine Leistungsstabilisierung im Krafttraining zu erzielen, werden 1-2 kohlenhydratreiche Tage pro Woche eingeplant. Ein beschleunigtes Absinken des Stoffwechsel kann jedoch auch mit Ladetagen nicht komplett verhindert werden. Häufig werden aus den Ladetagen „Cheatdays“, an denen einfach alles verzehrt wird, worauf so lange verzichtet wurde. Dieses Essverhalten führt zu einem Kalorienüberschuss an den Ladetagen und somit zu einer Fetteinspeicherung. Generell erfordert eine Ketogene Ernährung sehr viel Disziplin, eine Low-Carb-Ernährung bietet wesentlich mehr Spielraum im Alltag.

In seltenen Ausnahmesituationen kann eine Ketogene Ernährung sinnvoll sein, pauschal ist diese Ernährungsform jedoch nicht zu empfehlen. Es ist empfehlenswerter auf Low-Carb-Varianten umzusteigen, welche die Kohlenhydrate zwar einschränken, jedoch nicht komplett verbieten.

Vegan Low-Carb

Es gibt viele verschiedene Varianten der Low-Carb-Ernährung. Einige, nicht zu strenge Formen, sind auch vegan möglich. Da bei einer veganen Ernährung jedoch alle tierischen Produkte, welche von Natur aus Low-Carb sind, wegfallen, sind die meisten Low-Carb-Ernährungsformen nicht mehr dauerhaft umsetzbar. Hierbei wäre die Lebensmittelauswahl so stark eingeschränkt, dass man auf lange Sicht unter Nährstoffmangeln leiden würde.

Abnehmen mit Low-Carb

Wenn du dich Low-Carb ernährst, kann es sein, dass dein Gewicht in der ersten Woche sehr stark sinkt. Dies liegt daran, dass die Kohlenhydratspeicher und das damit gebundene Wasser verbraucht, aber nicht aufgefüllt, wird. So können schnell 3-5kg reduziert werden. Dies hat jedoch nicht zu bedeuten, dass du auch Fett verbrannt hast. Um effektiv Fett zu verbrennen, musst du auch bei einer Low-Carb-Ernährung weniger Kalorien zuführen als du verbrauchst. Beachte hierfür die Richtlinien für einen Ernährungsplan zum Abnehmen.

Es gibt jedoch Studien, welche zeigen, dass durch eine Low-Carb-Diät mehr Fett verbrannt wird als bei einer Low-Fat-Diät1. Auch im Kraftsport, wurde durch eine ketogene Ernährung die Muskelmasse gehalten und gleichzeitig Fett abgebaut2.

Diesen Studien stehen jedoch andere Untersuchungen gegenüber, welche keine signifikante Überlegenenheit einer Low-Carb-Ernährung aufzeigen. So zeigt eine Studie nach 6 Monaten zwar einen signifikanten Gewichtsverlust mit Hilfe einer Low-Carb-Ernährung im Vergleich zu einer nicht kohlenhydratreduzierten Diät. Nach 12 Monaten besteht jedoch kein signifikanter Unterschied mehr3. Eine weitere Untersuchung zeigt sogar einen höheren Gesamtfettverlust durch eine Low-Fat Ernährung gegenüber einer Low-Carb-Ernährung4.

Die widersprüchlichen Ergebnisse machen deutlich, dass nicht eine Diät die Beste für jeden ist. Individuelle Faktoren, wie Stoffwechselparameter, Sättigung, Alltag, und Motivation können auch eine gut geplante Diät zum Abbruch führen. Eine Meta-Analyse (Zusammenfassung vieler Studien) hat ergeben, dass eine Ernährung, welche Low-Carb, jedoch ansonsten “nach Belieben” durchgeführt wird, mehr Gewicht reduziert als eine Low-Fat Ernährung nach Belieben5. Dies lässt vermuten, dass eine Low-Carb-Ernährung eventuell genau die Parameter Sättigung, Alltag, Essgewohnheit etc. leichter umsätzen lässt. Zusätzlich könnte es daran liegen, dass bei einer Low-Carb-Ernährung weniger Schwankungen im Blutzucker entstehen und somit weniger Heißhunger aufkommt.

Einflüsse einer Low-Carb-Ernährung auf die Gesundheit

Lange wurden Kohlenhydrate für gesund gehalten. Neue Erkenntnisse ergaben jedoch, dass insbesondere Einfachzucker und dauerhaft erhöhte Insulinspiegel viele negative Auswirkungen haben. So werden Krankheitsbilder wie das metabolsche Syndrom, Diabetes, Fettleber, schlechte Blutfettwerte, Krebs und Herzinfarkt durch Kohlenhydrate gefördert. Es gibt jedoch zwei gute Nachrichten. Erstens, eine Low-Carb-Ernährung kann diese Krankheitsbilder verbessern und einige sogar aufheben6789. Zweitens, durch intensives Krafttraining, kann man mehr Kohlenhydrate essen, ohne dass diese sich negativ auswirken. Zusätzlich schützt man sich vor Krankheiten wie Insulinresistenz und Diabetes.

    Auf diese Krankheitsbilder hat eine Low-Carb-Ernährung positive Einflüsse:

  • Metabolisches Syndrom
  • Diabetes melltius Typ 2
  • Fettleber
  • schlechte Bluttfettwerte
  • hoher Cholesterinspiegel
  • Krebs
  • Herzinfarkt/Schlaganfall

Bei vielen gesundheitlichen Beschwerden solltest du also auf eine Low-Carb-Ernährung umsteigen.

Low-Carb für den fettfreien Muskelaufbau

Als aufbauenstes Hormon hat Insulin positive Wirkung auf den Aufbau von Muskulatur, jedoch auch auf den Aufbau von Fettgewebe. Darum versuchen einige Athleten, mit einer Low-Carb-Ernährung, die Gradwanderung zwischen Muskelaufbau ohne weiteren Fettaufbau zu gehen. Dies ist jedoch nur bedingt möglich. Auch hier gibt es, je nach individuellem Typ, Menschen, welche damit im Training besser zurecht kommen als andere. Es gibt jedoch einige Faktoren, welche wichtig für den Muskelaufbau sind und nicht optimal durch eine Low-Carb-Ernährung ausgeschöpft werden können.

    Nachteile einer Low-Carb-Ernährung auf den Muskelaufbau:

  • eventuell Leistungseinbußen
  • langsamere Regeneration
  • weniger aufbauendes Hormon Insulin
  • keine gefüllten Glykogenspeicher

Neben den Kohlenhydraten stimulieren auch spezielle Proteine, sogenannte “BCAA´s” die Insulinsekretion. Hierdurch können, auch bei einer Low-Carb-Ernährung, punktuell höhere Insulinspitzen erzeugt werden. Eine Gesamtinsulinlast wie bei einer kohlenhydratreichen Ernährung ist jedoch nicht zu erwarten.
Darum solltest du dich für ein Ziel entscheiden. Wenn du Muskeln aufbauen möchtest, ist Low-Carb nicht die erste Wahl für dich. Erstelle dir einen Ernährungsplan für den Muskelaufbau. Hierbei spielen Kohlenhydrate eine zentrale Rolle.

Low-Carb Lebensmittel

Viele Lebensmittel, wie Getreide, Brot oder Kartoffeln werden ganz aus der Ernährung gestrichen oder sehr stark reduziert. So erlauben einige Low-Carb-Varianten z.B. den Verzehr von Obst, andere reduzieren ihn stark oder verbieten ihn sogar ganz. Es gibt jedoch Lebensmittel, wie tierische Produkte und Gemüse welche sehr gut für Low-Carb Rezepte geeignet sind.

    Kohlenhytratreiche Lebensmittel:

  • Nudeln
  • Reis
  • Kartoffeln
  • Brot und Backwaren
  • Hülsenfrüchte
  • Süßigkeiten
    Kohlenhydratarme Lebensmittel:

  • Fisch und Fleisch
  • Eier
  • Milchprodukte
  • Tofu
  • Gemüse
  • Obst

Es gibt viele Rezepte, welche Kohlenhydrathaltige Lebensmittel ersetzen. Hierbei wird die Kohlenhydratquelle aus einem klassischen Rezept z.B. durch Gemüse oder Milchprodukte ersetzt.

    Kohlenhydrat Ersatzvarianten:

  • Pizzaboden aus Blumenkohl
  • Eiweißbrot
  • Quarkbrötchen
  • Zucchini Spaghetti

Fazit

Abschließend lässt sich sagen, dass eine Low-Carb-Ernährung eine von vielen möglichen Diätformen ist, welche im Alltag oft bessere Ergebnisse liefert. Hierbei gibt es viele verschiedene Low-Carb-Varianten, wobei von Extremformen abzuraten ist. Diese erschweren den Alltag unnötig und machen es kaum möglich, alle essenziellen Nährstoffe abzudecken. Für den Muskelaufbau ist eine Low-Carb-Ernährung weniger geeignet, da wichtige Parameter für den Muskelaufbau nur von Kohlenhydraten bedient werden. Im Gesundheitsbereich zeigt eine Low-Carb-Ernährung jedoch signifikante Vorteile und schützt vor Zivilisationskrankheiten.

Quellen

  1. 1: A low-carbohydrate, ketogenic diet versus a low-fat diet to treat obesity and hyperlipidemia.
  2. 2: Resistance training in overweight women on a ketogenic diet conserved lean body mass while reducing body fat.
  3. 3: Low-Carbohydrate Diet for Obesity
  4. 4: Dietary Fat Restriction Results in More Body Fat Loss than Carbohydrate Restriction in People with Obesity
  5. 5: Effect of low-fat diet interventions versus other diet interventions on long-term weight change in adults
  6. 6: Ernährungstherapie
    bei Diabetes mellitus Typ 2 mit kohlenhydratreduzier- ter Kost
  7. 7: Effects of n-3 Polyunsaturated Fatty Acids (ω-3) Supplementation on Some Cardiovascular Risk Factors with a Ketogenic Mediterranean Diet
  8. 8: Added Fructose
  9. 9: Effect of a High-Fructose Weight-Maintaining Diet on Lipogenesis and Liver Fat